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Auswahl eines Intranet-Systems: wie der Kauf eines Familienautos …

Veröffentlicht am Mai 20, 2014 by Stephan Schillerwein

Mit zunehmender Ausweitung des Funktionsspektrums von Intranets bzw. der Realisierung eines „Digital Workplaces“ wird auch die Auswahl geeigneter Intranet-Software zunehmend schwieriger und aufwändiger. Vorbei sind die Zeiten, als es nur das am besten geeignete Tool aus einer einzigen Systemkategorie auszuwählen galt und der Abdeckungsgrad der Anforderungen meist hoch bis sehr hoch war.

Fortgeschrittene Intranets (die häufig auch als „Digital Workplaces“ oder digitale Arbeitsplätze bezeichnet werden) bestehen funktional betrachtet aus einer ganzen Reihe von Funktionsbausteinen. Während früher in den meisten Intranets einfach eine Software aus der Systemkategorie der Content Management Systeme (CMS) zum Einsatz kam und sich die funktionalen Anforderungen überwiegend um die Verwaltung und Auslieferung von Content drehten, ist die Liste der Funktionsbausteine heute deutlich länger, wie nachfolgendes Schaubild verdeutlicht:

Der funktionale Scope eines
Der funktionale Scope eines „Digital Workplaces“

Damit ist auch die Anzahl der in Frage kommenden Systemkategorien (oder Marktsegmente) deutlich gestiegen. Und damit auch die Komplexität des Auswahlprozesses.
 

Intranet-Plattformen kommen in vielen Geschmacksrichtungen

Die erste Erkenntnis bei der Analyse des Marktes für Intranet-Systeme ist meist die, dass es kein eigenes Segment für Intranet Software gibt. Es ist tatsächlich so wie beim Kauf eines Familienautos: es kommen grundsätzlich viele unterschiedliche Autoklassen in Frage. Vom Kombi über den Van bis hin zum Bus oder Geländewagen – die Auswahl an Klassen ist gross und die Anzahl von Modellen in jeder Klasse beinahe unüberschaubar.
Die gleiche Situation trifft man auch bei der Systemevaluation für ein Intranet an:

Die wichtigsten Marktsegmente für Intranet-Software
Die wichtigsten Marktsegmente für Intranet-Software

Diese „Qual der Wahl“ legt ein Vorgehen nahe, bei dem eine schrittweise Verfeinerung erfolgt. Also erst die Eingrenzung der in Frage kommenden Systemkategorien und dann die nach und nach detailliere Untersuchung der Systeme in den verbliebenen Kategorien.
Dazu muss zunächst einmal klar sein, welche Ausrichtung das zukünftige Intranet haben soll und welche fundamentalen K.O.-Kriterien (also Kriterien, die bei Nicht-Erfüllung zum Ausschluss eines Produkts führen) existieren. Ein Unternehmen, welches die Systemauswahl vor Definition der strategischen Ausrichtung durchführen will, begeht einen zwar nicht seltenen, aber sehr schwerwiegenden Fehler (siehe Fehler Nr. 1 in „Die 7 grössten Fehler bei der Systemevaluation“).
Um bei der Analogie mit dem Familienauto zu bleiben: solange nicht klar ist, ob das Fahrzeug auch für Campingurlaube, schwere Anhängerlasten oder Geländeausflüge geeignet sein muss, ist eine Auswahl der geeigneten Autoklassen nicht sinnvoll möglich.
Erst danach stehen funktionale Kernfragen, wie die nach der Anzahl Sitze, der Grösse des Kofferraums oder des Verbrauchs im Fokus.
 

Unscharfe Grenzen zwischen Systemkategorien

Zu allem Überfluss sind die Grenzen zwischen den einzelnen Systemkategorien fliessend. Eine strikte Zuordnung eines Produkts in ein Marktsegment (die natürlich auch nicht standardisiert sind) ist somit vielfach unmöglich. Wenn man den Markt nicht sehr gut kennt, werden deshalb unter Umständen viele Produkte unbeabsichtigt nicht berücksichtigt.
In einem reifen Markt wäre das nicht weiter von Konsequenz, da ja ausreichend geeignete Systeme zur Verfügung stehen. Beim Markt für fortgeschrittene Intranets oder digitale Arbeitsplätze sieht man sich heute aber noch mit einem (teilweise sogar sehr) unreifen Markt konfrontiert. Das führt dazu, dass in jedem Fall mehr oder weniger grosse Abstriche von den eigenen Anforderungen gemacht werden müssen (es sei denn, man verfügt über unendliche Mittel). Kein heute erhältliches System ist in der Lage „out of the box“ das breite Spektrum eines fortgeschrittenen Intranets abzudecken (nein, auch das gern als Alleskönner beworbene SharePoint nicht…).
Wenn nun grundsätzlich geeignete Systeme von Anfang an übersehen werden, steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass die einzugehenden Kompromisse übermässig gross werden, da man bei seiner Analyse ja nicht den gesamten Markt abdeckt.
Vor diesem Hintergrund ist eine gute Kenntnis des Marktes in Evaluationsprojekten eine unverzichtbare Zutat für den Erfolg. Sich diese von Null auf anzueignen ist zwar theoretisch möglich, bedingt aber viel Zeit und Aufwand. Beides sind meist knappe Güter bei der Einführung eines neuen Intranets. Das Hinzuziehen von externer Expertise führt in diesem Schritt nicht nur zu einer deutlichen Beschleunigung des Prozesses, sondern bringt auch wichtige Praxiserfahrung ins Projekt mit ein. Sie ist unbedingt empfehlenswert. Allerdings lauern auch hier Stolperfallen, wie „Fehler Nr. 3“ aus dem bereits erwähnten Artikel erahnen lässt (siehe: „Die 7 grössten Fehler bei der Systemevaluation“).
 

Schritt für Schritt zur Probefahrt

Je stärker die Anzahl potentiell passender Systeme eingeschränkt werden kann, desto intensiver kann man sich mit den verbleibenden Kandidaten beschäftigen. In einem ersten Schritt kommt man dabei durch die entsprechende Marktsondierung von oft weit über hundert Systemen auf ca. 10 bis 15 Produkte. Auch hier sollte man nochmal weiter einschränken, um mittels einer „Long List“ auf vielleicht 4 bis 8 Produkte zu kommen. Erst dann sind das detaillierte Prüfen von Anforderungen und „Probefahrten“ (also Systemdemos, Referenzbesuche, Proof-of-Concept Installationen, etc.) wirklich sinnvoll möglich.
Bis zum eigentlich Systementscheid sind es dann immer noch einige Schritte. Häufig werden in der Praxis aber bereits zu Beginn des Evaluationsprozesses entscheidende Fehler begangen, die das Endergebnis direkt beeinflussen. Deshalb sollten auch die oben skizzierten ersten Schritte einer Systemauswahl mit der richtigen Vorgehensweise, hoher Sorgfalt und Kompetenz angegangen werden.
p.s.: es gibt eine weitere wichtige Parallele zwischen dem Kauf von Intranet-Systemen und Familienautos: in beiden Fällen ist es schwierig, die unterschiedlichen (und sich nicht selten sogar gegenseitig ausschliessenden) Bedürfnisse und Vorstellungen aller Anspruchsparteien unter einen Hut zu bekommen. Aber dazu mehr in einem zukünftigen Blog-Beitrag…

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